Die Schleiereule (Tyto alba) gehört zu den faszinierendsten und zugleich geheimnisvollsten Vögeln unserer heimischen Fauna. Mit ihrem herzförmigen Gesicht, dem lautlosen Flug und ihrem scharfen Jagdinstinkt ist sie ein Symbol für Anmut und Eleganz in der Dämmerung. Die Schleiereule in ihrem natürlichen Lebensraum zu porträtieren und dabei sowohl ihre Schönheit als auch ihre Lebensweise einzufangen, davon hatte ich schon lange geträumt. Durch meinen Fotofreund Uwe Hilsmann, bekam ich im Sommer die einmalige Gelegenheit die geheimnisvollen Eulen zu fotografieren.
Kurz bevor die jungen Eulen flügge wurden, saßen wir mehrere Abende im Tarnzelt auf einem alten Gehöft an. Durch Uwes Erfahrungen aus den Jahren zuvor, konnten er das Verhalten der Eulen in etwa abschätzen, was natürlich ein großer Vorteil war. Eine gute Stunde vor Sonnenuntergang waren wir in der Regel vor Ort und bauten die Ausrüstung auf. Neben dem Tarnzelt, war hier ein stabiles Stativ und eine Fernauslöser mehr als wichtig. Meist liessen sich die jungen Eulen kurz vor 22 Uhr in der Nähe der Öffnung sehen, deutlich heraus schauten sie aber meist eine halbe Stunde später. Interessanterweise wurde der Dachstuhl zeitgleich auch von einem Turmfalkenpaar genutzt, beide Arten in friedlicher Koexistenz.
Bei den ersten Ansitzen verliessen die Altvögel den Giebel des alten Hauses deutlich nach Sonnenuntergang. Teilweise konnte man sie im Gelände beim Beuteflug beobachten, fotografisch liessen sich diese Szenen allerdings nicht einfangen. Wir konzentrierten uns auf das Gelände im direkten Umfeld um den Brutplatz. Auf den Dachpfetten des Fachwerkhauses verrieten Kotspuren die Lieblingsplätze der Schleiereulen, es war abzusehen, dass die Altvögel hier irgendwann auftauchen würden. Zu unserer Freude konnten wie beide Altvögel hier mit ihrer Beute fotografieren, schön zu erkennen war die unterschiedliche Färbung der schönen Eulen.
Obwohl das Umfeld mit dem Fachwerk sehr gut zur Art passte, war unsere Freude sehr groß, als ein markanter Ast häufiger als Ansitz angeflogen wurde. An einem Abend war im Hintergrund der Himmel durch die untergehende Sonne verfärbt, was aus meiner Sicht die ohnehin schon tolle Szene, zusätzlich aufwertete. Durch ihren lautlosen Flug hatte es beinahe etwas gespenstisches, wenn die Eulen aus dem Nichts auftauchten. Bei einem Ansitz tauchte ein Gast auf und nutzte den gleichen Ast, es war der kleinere Steinkauz, der auf der gegenüber liegenden Straßenseite sein Zuhause hatte. Die Freude über diesen fotografischen Beifang war entsprechend groß.
Etwa Mitte Juli verliessen auch die Jungvögel zu fortgeschrittener Zeit ihr Zuhause. Neben den statischen Aufnahmen, wollten wir uns natürlich auch an Flugaufnahmen versuchen. Dies erwies sich schon alleine aufgrund der Lichtsituation als äußerst schwierig. Durch die Erfahrung der vielen Ansitze, war uns die ungefähre Flugbahn bekannt, dementsprechend platzierten wir die Tarnzelte. Wir verzichteten während des gesamten Projektes auf künstliche Lichtquellen um Störungen zu vermeiden. Trotzdem ermöglichte uns die moderne Kameratechnik mit ihren inzwischen brauchbaren High-ISO-Werten, Bilder der Eulen im Flug zu machen.
Wenige Tage später war die Schleiereulenfamilie nur noch sporadisch am alten Fachwerkhaus zu sehen und dadurch wurde es schwieriger zu Bildern zu kommen. Obwohl das Jahr 2024 mir bisher viele tolle Fotogelegenheiten bot, werden mir die Tage bei den Eulen als Highlight immer in Erinnerung bleiben. An dieser Stelle auch nochmal mein Dank an Uwe, der bereit war, diese Möglichkeit mit mir zu teilen. Mehr Bilder gibt es im Shop…