Kaum ein anderer Vogel fasziniert mich mehr als unsere heimische Wasseramsel. Angefangen hat alles vor mehr als 20 Jahren bei einem Skiurlaub im Berner Oberland. Zu Füßen von Eiger, Mönch und Jungfrau habe ich damals das erste mal bewusst, den auf dem ersten Blick unscheinbaren Vogel, wahrgenommen und beobachtet. Seit dem verfolgt sie mich fast überall, an jedem geeigneten Gewässer wir nach ihr Ausschau gehalten und meist hat man auch Erfolg – egal ob Schweiz, Österreich, Italien, Slowenien, Norwegen oder Schottland. Durch die starken Regenfälle, die gefühlt den ganzen Winter anhaltend waren, führten die kleinen Flüsse und Bäche in meiner Umgebung extrem viel Wasser. Dadurch ergaben sich im Februar kaum Möglichkeiten, um balzenden Wasseramseln ansprechend zu fotografiere. Über Ostern waren wir für ein paar Tage im österreichischen Vorarlberg, hier entdeckte ich 2 Reviere, natürlich reiner Zufall… An 2 Tagen habe ich mich dann für ein paar Stunden mit den Wasseramseln beschäftigt, leider konnte ich kein Bild mit Balzsituationen verwirklichen.
Zurück in der Heimat suchte ich dann meine bekannten Reviere der Wasseramsel auf und entdeckte dort ein sehr exponiertes Nest in einer Felswand direkt über den Stromschnellen des Mittelgebirgsfluß. Vorsichtig lotete ich Anfangs die Situation aus, um Störung der Vögel gering zu halten. Nach mehreren Ansitzen konnte ich mich aber weiter annähern, habe aber größtenteils mit einem Funkauslöser und Vorfokussierung gearbeitet. Hierbei konnte ich einige Bilder vom Anflug umsetzen, die mir bis dahin noch nicht möglich gewesen sind. Die inzwischen hohe Serienbildgeschwindigkeit der modernen DSLM-Body hat hier entsprechend geholfen, möglichst viele Aufnahmen pro Anflug zu machen. Vom Eintritt in den Sucher, bis zum Austritt habe ich Zeiten von meist unter 2 Sekunden gemessen. Entsprechend hoch war aber hier auch der Ausschuss.
Am letzten Wochenende im April war ich morgens zum Sonnenaufgang an der Location und der erste Jungvogel hatte das Nest verlassen. Innerhalb der nächsten drei Stunden sind auch seine 4 Geschwister gefolgt. Drei von ihnen sind mehr oder weniger direkt in den Fluß gestürzt um kurz danach das rettende Ufer zu erreichen, während einer der jungen Wasseramseln direkt seine Flügel einzusetzen wusste und ca. 50 Meter flussabwärts erschöpft mittig in den Fluß landete. Die Altvögel suchten die Stelle direkt auf, aber vorerst war der Jungvogel auch mit Hilfe des Fernglases nicht auszumachen. Als ich Abends nochmal den Spot aufsuchte, stellte ich aber fest, dass die junge Familie wieder komplett war und alle 5 Jungvögel hielten sich unweit des Nestes auf. So konnte ich in den nächsten Tagen beobachten wie sie sich immer mehr entwickelten und ihr Paradies am Fluß erkundeten. Zwischendurch wurden sie von den Altvögeln immer wieder gefüttert, aber am 4. Tag nach verlassen des Nestes wurden die Intervalle bereits länger. Schön war es zu sehen, wie die jungen Wasseramseln direkt das typische Verhalten wie das wippen an den Tag legten.
Es war eine tolle Zeit am Fluß und ich denke es war schon jetzt mein Highlight des Jahres in der Natur. Die Aufnahmen in diesem Beitrag sind mit der Canon EOS R5 bzw. R6 MK II aufgenommen worden, als Objektiv kam eine 600mm Festbrennweite teilweise mit 1,4 bzw. 2,0 Telekonverter zum Einsatz. Der angesprochene Funkauslöser kommt aus dem Hause Rollei und ist für die verschiedensten Kameramodelle lieferbar.